Ludwig Bamberger
Geboren 1823 in Mainz (Hessen-Darmstadt - Deutscher Bund)
Gestorben 1899 in Berlin (Preußen - Deutsches Reich)
Konfession: mosaisch
4. bis 18. Juni 1849 Mitglied der Deutschen Nationalversammlung
Aus einer jüdischen mainzer Bankiersfamilie stammend studierte er Jura in Heidelberg und Göttingen. Von der Revolution begeistert wurde er Zeitungsredakteur und Aktivist bei Massenversammlungen in Mainz und Frankfurt am Main. Als Nachfolger Fröbels wurde L.B. Vorsitzender des Demokratenkongresses. Als er sich gegen die weit verbreiteten kommunistischen Ideen nicht wirksam durchsetzen konnte, trat er zurück. 1849 als Abgeordneter in die Deutsche Nationalversammlung nachgewählt kommandierte er in der Reichsverfassungskampagne eine 1500 Mann umfassende Abteilung der mainzer Radikalen, wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt und mußte nach Paris emigrieren. Dort konnte er sich als Bankier ausbilden lassen und leitete bis zu seiner Amnestie 1866 die Pariser Außenstelle einer Londoner Bank. Die liberale Wende Bismarcks 1866 traf mit den Intentionen Bambergers zusammen. „Durch Einheit zur Freiheit“ wurde zur Parole um den deutschen Nationalstaat unter preußischer Führung zu formen und das ‚nach demokratischen Maßstäben reaktionäre, katholisch-klerikale und rückständige Österreich‘ aus dem Deutschen Bund herauszudrängen.
Das allgemeine Wahlrecht und die kapitalistische Modernisierung der Verhältnisse würden nach L.B.s Überzeugung über kurz oder lang auch zur Parlamentarisierung des Reiches und zur Demokratisierung der Gesellschaft führen.
Von 1868 bis zu seinem Tode war L.B. ununterbrochen Abgeordneter zunächst im Zollparlament, dann im Deutschen Reichstag. Er war maßgeblich am Münzgesetz von 1873, das die Mark in Deutschland einführte, und am Bankgesetz von 1874 beteiligt sowie zuvor (1869/70) an der Gründung der Deutschen Bank.
Bamberger hielt an seinen demokratischen Idealen fest und bekannte sich zeitlebens zu den Ideen von 1789. Er wollte die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft über die Durchsetzung der kapitalistischen Industriegesellschaft, des freien Marktes und freien Handels nach englisch-amerikanischem Vorbild erreichen und war ein Gegner von Schutzzöllen und staatlicher Sozialpolitik. „Dampf und Elektrizität“ sollten die materielle Grundlage der Entwicklung zur Demokratie in Deutschland werden.
Nach der anti-liberalen Wende Bismarcks 1878 (Schutzzoll statt Freihandel; Sozialistengesetz) wurde Bamberger zu einem Bismarck-Gegner, der sich auch mit dem jetzt erstarkenden Antisemitismus der sich neu formierenden extremen Rechten auseinandersetzen mußte. L.B. bildete aus 28 nationalliberalen Reichstagsabgeodneten eine eigene Fraktion, die „Sezession“. Bamberger wurde ein enger Berater des Kronprinzen Friedrich III. Mit dessen frühen Tod nach nur 99 Tagen Regentschaft erlosch eine Hoffnung auf eine liberale und demokratische Entwicklung des Deutschen Reiches nach westlichem Vorbild. L.B. Ideal eines liberalen westlich geprägten Kapitalismus in einer sich demokratisierenden Gesellschaft und einer Allianz mit den Westmächten wurde erst nach dem II. Weltkrieg zunächst im Westen und nach 1989 in ganz Deutschland Realität. Daß die von ihm eingeführte Mark mehr als 100 Jahre nach seinem Tode dem Euro gewichen ist, würde ihn gewiß nicht dazu veranlassen, sich im Grabe umzudrehen.
Abbildung: nach einem Foto aus den 1890eg Jahren, das Ludwig Bamberger alten Mann zeigt
Literatur:
Koehler, Benedikt: „Ludwig Bamberger“ Revolutionär und Bankier Stuttgart 1999
Christian Jansen, „Ludwig Bamberger: Mit Dampf und Elektrizität für ein modernes Deutschland“ in: Sabine Freitag (Hrsg.) Die Achtundvierziger -Lebensbilder aus der deutschen Revolution 1848/49 München 1998 S. 200ff.
Gerhard-Hermann Kuhlmann 15.11.2004 (Version 1.0)