In der Spiele-Zeitschrift Die Pöppel Revue Nr. 3/99 erschien im Mai 1999 eine Rezension von Wolfgang Wahl 1848


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Wenn auch die Revolution von 1848 nicht die Bedeutung wie knapp 60 Jahre vorher die französische erlangte, war sie doch ein einschneidendes Ereignis der deutschen Geschichte. Dennoch zeigte sich keiner der größeren Spieleverlage an dem Wagnis interessiert, das 150-jährige Jubiläum dieses Ereignisses mit einem Spiel zu würdigen. Eine Revolution ist offensichtlich ein zu trockenes Thema, um für ein ansprechendes, kurzweiliges Spiel herzuhalten. Wenn aber ein Spieleverlag schon den Bestandteil “Geschichtsspiele“ in seinem Namen trägt, ist eine Beschäftigung mit dem Thema wohl Ehrensache.

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Basis-Regel vorab

Zum Zeitpunkt der Messe lag 1848 nur eine Anleitung für ein Grundspiel für zwei Personen bei. Ausbauregeln für ein komplexeres Spiel sollten ab November 1998 im Internet zur Verfügung stehen. Mit dieser Option im Hinterkopf habe ich dann hoffnungsvoll zugegriffen. 1848 besteht, neben vier Regelkarten, aus 102 Spielkarten. Es sind dies zum einen 26 Ablaufkarten, die für bedeutende Vorkommnisse der Revolution stehen und den Spielfluß steuern.

Darüber hinaus existieren 42 Personenkarten, die mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten der damaligen Zeit mit ihrer politischen Gesinnung (Liberaler, Demokrat, Reaktionär, Republikaner) und einem ihrer Bedeutung entsprechenden Stimmenwert zwischen eins und acht auflisten. Schließ1ich gibt es 34 Ereigniskarten, welche politische Positionen stärken oder schwächen bzw. Personenkarten beeinflussen oder gar aus dem Spiel entfernen. Zu dieser Gruppe gehören auch Karten zur Bildung von Armeen, die aber für das Grundspiel nicht relevant sind.

Karten spielen, Stimmen zählen

Der Ablauf für das Grundspiel ist simpel. Zunächst wird die erste von (für das Grundspiel) 14 Ablaufkarten verwendet. Anschließend erhalten beide Spieler je zwei Personen- bzw. Ereignis- karten. Diese werden abwechselnd ausgelegt, wobei nach der zweiten Karte gepa8t werden kann. Zur Wertung werden die Stärken der einzelnen Gesinnungen ermittelt und die Stimmenzahl der stärksten dem Spieler mit der Mehrheit in dieser Gesinnung gutgeschrieben. Anschließend wird die nächste Ablaufkarte verwendet (sie dienen also nur zum Zählen der Runden), die Personen- bzw. Zusatz- karten auf zwei ergänzt und die Runde ausgespielt. Zur Gesamtwertung werden die Gesamtstimmen der Gesinnungen ermittelt. Der Spieler, der nach 14 Runden die meisten Stimmen der dann stärksten Gesinnung (in der Regel die Liberalen oder Demokraten) errungen hat, gewinnt. Mit diesen Regeln kann keine rechte Spielfreude aufkommen. Der Ausgang ist einzig und allein vom Kartenglück bestimmt. Wer die hohen Liberalenkarten bekommt und durchbringen kann, wird mit größter Wahrscheinlichkeit gewinnen. Nur selten kommt Spannung auf, der Zufall ist einfach zu dominierend.

Eine Variante, bei der nicht um die Stimmen, sondern nur um die Ablaufkarten gespielt wird (wodurch Karten der unbedeutenden Gesinnungen mehr Gewicht bekommen), mindert den Zufallsgehalt zwar. Sie sind aber ebenso wenig die Lösung des Problems wie die Verwendung von jeweils drei Personen- und Zusatzkarten.

Die Godot-Version

Aber es gibt ja noch die Ausbauregeln. Gibt es sie wirklich? Tatsächlich ist das ein halbes Jahr nach ihrer Ankündigung immer noch nicht der Fall. Im Internet ist lediglich eine “Betaversion 3“ der differenzierten Regel verfügbar. Nach meinem Verständnis als Softwareentwickler ist eine Betaversion eine Ausführung, die der endgültigen weitestgehend entspricht, aber noch mit Fehlern behaftet ist. Aber diese Regel kann nicht des Autors letztes Wort sein, sonst muß der Versuch, dem Spiel eine gewisse Komplexität zu verleihen schlichtweg als gescheitert bezeichnet werden. Sie ist teilweise so verwirrend geschrieben und mit Lücken behaftet, dazu wenig strukturiert, daß ich mir als Spieler nach zweimaligem Lesen gesagt hätte, zum Zeitvertreib mußt du dir das nicht antun. Andererseits sollte die Rezension nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag verschoben werden.

Zu zweit -ein Spielpartner hatte sich dankenswerterweise auf das Wagnis eingelassen- haben wir schließlich versucht, das Spiel zu erarbeiten. Nach mehreren Anläufen konnten wir zwar eine Vorstellung entwickeln, wie das Spiel ablaufen könnte, sind uns aber immer noch nicht sicher. Die Regel ist in der jetzigen Form jedenfalls nicht in der Lage, die Absichten des Autors zu vermitteln. In der vorliegenden Form kann ich 1848 trotz des sicher anspruchsvollen Themas nicht empfehlen. Das Grundspiel ist zu banal und dazu noch vom Kartenglück bestimmt. Die Ausbauregeln lassen bestenfalls erahnen, daß in dem Spiel etwas drin- stecken könnte, doch was dies ist, muß sich erst noch zeigen. Mir scheint, 1998 kam für 1848 etwas zu früh, aber Jahrestage lassen sich nun mal nicht verschieben.

- Manfred Wahl

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