Carl von Leiningen
Geboren 1804 in Amorbach (Fürstentum Leiningen - Heiliges Römisches Reich deutscher Nation)
Gestorben 1856 in Waldleiningen bei Armorbach (Bayern - Deutscher Bund)
Konfession: evangelisch
5. August - 5. September 1848 Reichsministerpräsident
Leiningen entstammt einem Fürstengeschlecht, das erst durch den Wiener Kongreß mediatisiert wurde. (Für die Fürsten Leiningen bedeutete das: sie verloren die politische Selbständigkeit, ihr Herrschaftsgebiet wurde auf Baden und Bayern aufgeteilt; Titel und Privateigentum blieben erhalten.)
C.v.L. studierte Jura in Göttingen. Er verbrachte die Sommer in Großbritannien bei seiner Mutter und seiner jüngeren Halbschwester Victoria, der späteren Königin von Großbritannien.
Bis 1842 war er in erster Linie Verwalter seiner Besitzungen. 1842 wurde er Vorsitzender des „Adelsvereins“ einer Einrichtung, die die Ansiedlung deutscher Auswanderer im Westen der USA organisierte und förderte, um einen Ausweg aus der Not der infolge der Industrialisierung verarmten Handwerker zu finden.
1844 wurde er Präsident des bayerischen Reichsrates. Leiningen teilte mit seiner Halbschwester und mit seinem Cousin Albert von Coburg-Gotha, dem späteren Prinzgemahl der Königin Victoria, dieselben liberalen Ansichten und die Begeisterung für die Wiederherstellung der deutschen Einheit.
Leiningen trat für eine Parlamentarisierung des Deutschen Bundes und für die Abschaffung der Adelsprivilegien ein. Er hatte in der deutschen Öffentlichkeit den durchaus zutreffenden Ruf, liberal zu sein.
Es war ein meisterhafter Coup Gagerns, am 5. August 1848 ihn zum Ministerpräsidenten der neuen Zentralgewalt vorzuschlagen.
Damit bestand in der deutschen „Zentralgewalt“ ein konfessioneller Proporz (Reichsverweser Erzherzog Johann aus dem Haus Habsburg, Katholik; Ministerpräsident Leiningen evangelisch). C.v.L.s enge Beziehungen zum englischen Königshaus erreichten vielleicht die Anerkennung der deutschen Zentralgewalt in Frankfurt am Main durch Großbritannien und konnten im Schleswig-Holstein Konflikt britische Vermittlung und ein britisches Gegengewicht gegen Russland erreichen.
Es war Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, der diese Pläne durchkreuzte, indem er die Zentralgewalt brüskierte, mit Dänemark den Waffenstillstand von Malmö abschloß und seine Truppen einseitig zurückzog. Damit wurde auch der für Berlin äußerst unbequeme C.v.L. mit seinen gefährlichen englisch-liberalen Verbindungen zum Rücktritt gezwungen. Leiningen zog sich aus dem politischen Leben zurück. Sein Nachfolger als Ministerpräsident wurde Schmerling.
Gerhard-Hermann Kuhlmann 25.11.2004 (Version 1.1)